Reingefallen

Es kommt nicht von ungefähr, dass ich mich manchmal etwas zynisch über das andere Geschlecht äussere. Eine kleine Anekdote als Erklärung wäre vielleicht einmal angebracht.

Bevor man hierzulande Facebook kannte oder überhaupt jemals von StudiVZ, Twitter oder Blogs lesen konnte, haben viele Arbeitgeber bezahlte Stunden an Singlesplattform-Surfer verloren. Vermeintliches Singleparadies. Um den Spreu vom Weizen zu trennen, gab es sogar erweiterte Suchfunktionen. Schon eines meiner Auswahlkriterien Religion: keine liess mir nicht mehr viel – naja, ich bin ehrlich und nenne es: Spielraum. Klickte ich dann noch Kunst/Kultur war nicht mehr viel zu holen. Also war das Experiment schnell beendet und im Posteingang dümpelten ungelesene Mails vor sich hin. Einmal pro Monat – unabhängig von prämenstruellen Zyklen – siegte jedoch die Neugier. Einer der User schrieb sich in mein Blickfeld. Er hatte, wie viele, den Usernamen mit seinem Geburtsjahr ergänzt und schrieb beinahe ohne Rechtschreibfehler. Ich las gerne, wie toll ich aussah und wie interessant meine Hobbies wären. Also schrieb ich zurück, wir telefonierten mehrmals und doch, ich war nicht abgeneigt. Leider stolperte er im Folgemonat über seine eigene Dummheit, als ich meiner Freundin half, einen Account auf derselben Plattform einzurichten und der exakt gleiche Text in ihrem Posteingang landete. Reingefallen.

Copy and paste. So ging das also. Name und Kopf sind austauschbar, Hauptsache das Fahrgestell ist ähnlich. Ein bisschen wie in der Besamungsstation in Mülligen, wo man uns als Studenten lehrte, dass der Stier nur etwas Eckiges sehen muss, damit er denkt, es sei eine Kuh. Das Phantom genügte ihm und seinen Trieben voll und ganz. Reingefallen.

Ihr dürft mich nun bitte nicht falsch verstehen. Es ist nicht so, dass ich wütend bin auf die Männer. Würde ich mich sonst immer und immer wieder auf diesen Reigen einlassen? Aber irgend einmal wird man realistisch. Die Frage, warum er nicht anruft, beantwortet man sofort damit, dass er einfach nicht interessiert ist am Gesamtpaket. Und das sporadische Interesse verflossener Flirts ist schlicht Einsamkeit. Ein Hotelzimmer in einer fremden Stadt, schreiben wir doch Chnübli. Oder eine durchsoffene Nacht und die Freundin nicht mehr erreichbar: Chnübli. Oder Berechnung. Und wo könnte ich während des nächsten Gurtenfestivals schlafen, wenn ich kein Bock auf Zelten habe: Chnübli. Und wie mache ich, dass mein Date heute nach dem Konzert mit mir schläft? Gehe ich doch kurz ‚rüber zu Chnübli und lasse mich von ihr anflirten.

Und ich mache es mit. Manchmal zu meinem Amusement. Öfters aber zu meinem Leidwesen. Denn bei aller Abgeklärtheit stehe ich meistens dann doch vor einem Typen, der mir grinsend zu verstehen gibt: Reingefallen.

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35 Patienten zu “Reingefallen”

  1. DrNI sagt:

    Männer sind so. Nicht alle sind so. Oder eigentlich: Menschen sind so. Früher hatte man Freunde, heute macht man Networking. Das Umfeld wird ausgesucht nach dem, was es einem bringt. Doch am Ende bringt das nie ganze Menschen, immer nur halbe. Um Interesse an einem ganzen Menschen zu haben braucht es mehr als eine Interesse am Nutzen. Egal ob es dabei um Erotisches oder Monetäres oder sonstwas geht. Was Du suchst sind Freunde.

    Was Serienbriefe in Dating-Sites angeht, so ist das vermutlich einfach rational: Bei solchen Sites herrscht tendenziell ein riesiger Männerüberschuss, d.h. eine große Anzahl der Anfragen bleibt unbeantwortet oder in anderer Art erfolglos. Da wäre alles andere die Mühe nicht wert. Hinter all dem steckt doch das alte Prinzip, dass Männer angestürmt kommen müssen und Frauen dann vielleicht ja sagen. Bei dem Prinzip liegt der Fehlversuch immer beim Mann, und irgendwann wird das anstrengend und eine Effizienzsteigerung ist gefragt. Entweder mehr Erfolge oder weniger Anstrengung.

  2. ChliiTierChnübler sagt:

    Du machst eine wichtige Aussage: Der Mühe nicht wert.

  3. vanilleblau sagt:

    Betreffend der „Profile“ ist es allerdings umgekehrt noch viel schlimmer. Du willst gar nicht wissen wie viele Männer für „Agenturen“ weibliche Profile (in Heimarbeit) erstellen, die mit netten Fotos (von Mädchen natürlich) ausstatten und dann ihre eigene Gattung mit lachendem Gesicht in die Falle schicken. Ist ein riesges Business, das von den anschliessenden Registrierungen der „Glückspilze“ lebt. Und zwar nicht schlecht.

    Was das andere angeht: Solltest Du etwa so etwas wie ein leichtes Mutter Theresa-Syndrom haben? Mit dieser Krankheit ist man nämlich äusserst anfällig für solche Zustände :)

  4. ChliiTierChnübler sagt:

    @vanilleblau: Ich arbeite Tag und Nacht für die Gesundheit der Tiere zu einem Minimallohn und hab sogar Freude daran :) Das reicht als Antwort oder?

  5. jpr sagt:

    Ein eindeutiger Marker wie die Ansprueche des Gegenuebers in zeitlicher Hinsicht sind waere sicherlich manchmal ein sehr grosses Hilfsmittel in der Frage wie man sein eigenes Engagement anlegt. Dabei geht es dann weniger um die Frage des Nutzens, sondern eher darum sich selber eben das Gefuehl zu ersparen Dinge investiert zu haben und dann am Ende nichts zurueckzubekommen.

    Eine Moeglichkeit das ein wenig mehr einzuordnen ist da klarer zu trennen zwischen Freunden und Bekannten. Bekannte fallen eher in die Kategorie der Leute die man mal wieder kontaktiert wenn man etwas braucht, will oder sonst grad keine Alternative hat. Freunde sind die, die man auch Samstag nachts um drei aus dem Bett klingeln kann wenn was kaputt ist und die einem auch dann interessiert zuhoeren.
    Man muss nun nicht zwingend alle in diese Gruppen werfen und sie nur so behandeln, aber es hilft eben seine eigenen Erwartungen von vornherein ein wenig mehr in der richtigen groessenordnung zu haben (und natuerlich gibt es auch dann immer die Faelle, wo man es eigentlich besser wuesste und trotzdem nicht nach dem Hirn, sondern nach dem Bauch handelt, aber das ist letztlich auch gut so).

  6. vanilleblau sagt:

    @ChliiTierChnübler: Absolut :)

  7. ChliiTierChnübler sagt:

    @jpr: Musste gerade nachdenken, was das alles mit „Freunden“ zu tun haben soll. Mich hat noch nie eine Freundin angerufen, sie liege erregt im Bett und denke an mich :) Ich glaube, da hast Du was falsch verstanden. Aber wenn ich an Freunde denke, dann sind bis auf drei Ausnahmen alles Frauen. Und ich war seit Jahren nicht mehr so schlecht zwäg, dass das mitten in der Nacht hätte geregelt werden müssen. Vielleicht auch, weil mich die Männer oft erst am Morgen danach in die Wüste schickten…

  8. Pia sagt:

    different person, same words. Wie recht Du doch hast…

  9. ChliiTierChnübler sagt:

    @Pia: Kantonsunabhängige Frauengefühle :)

  10. stefanie sagt:

    Wie Recht du doch hast. Und am Ende verlieben sich die meisten Männer nie in die unkomplizierten Mädchen, sondern in die zickigen, komplizierten Kratzbürsten, weil nur die eine Herausforderung darstellen. Und wir gehen leer aus.

  11. jpr sagt:

    @ChliiTierChnübler: Ich habe schon eher nur den zweiten Teil mit Leuten die sich wieder melden gemeint, und die ‚Neuzugaenge‘ elegant ignoriert, das ist schon so. :)
    Der Rest diente mehr der Detaillierung wen man jetzt wohin steckt.

  12. ChliiTierChnübler sagt:

    @jpr: Was für eine Wortwahl heute morgen…

    @stefanie: Kompliziert sind Frauen alle. Nur manche sind dabei cellulitefreier als andere :) Ich denk mir das so: wenn schon ein Gstürm zu Hause, dann doch eines dass man gerne anguckt dabei. Aber das zu beantworten ist nicht an mir. Ich hab aber zwei Augen im Kopf und jede Menge Apéroeinladungen auf diversen Hochzeiten hinter mir ;)

  13. karin sagt:

    besser du merkst es BEVOR du verheiratet und somit reingefallen bist!

  14. stb sagt:

    Liebstes Chnübli,

    Mit was für Leuten treibst du dich nur rum?! ;)
    Lass dich bloss nicht ärgern…

    Immerhin haben dich hier alle aufrichtig lieb!

    In diesem Sinne, Liebste Grüße!

  15. axsnoxboarder sagt:

    Lässt Dein Interesse nach – lässt Du doch auf fallen.

    Ja, manchmal vermisse ich Deine Aufmerksamkeit…..dafür braucht es keine Erklärung.

  16. MC Winkel sagt:

    Naja, wenn man die Geister ruft, nech … :)

    Aber die Copy+Paste-Nummer ist echt übel. Hatte sowas ja auch mal, allerdings nicht nur mit Komplimenten in einer Mail – es war ein ganzer Liebesbrief! Ausgedruckt! Aus dem Internet!

    Du siehst: sowas gibt es auf beden Seiten! :)

  17. Christian sagt:

    Den ersten Text mittels Copy and Paste zu erstellen scheint mir jetzt nicht grundlegend auf einen schlechten Charakter hinzudeuten. In solchen Singlebörsen werden Frauen ja mit Emails überschwemmt, so dass bereits deswegen die Chancen einer Nachricht aus Sicht des Mannes schlecht sind.
    Sich da immer etwas neues auszudenken lohnt da nicht.

    Spätestens beim Telefonieren sollte er allerdings keinen Zettel mehr in der Hand haben.

  18. DrNI sagt:

    @ChliiTierChnübler: Meine Freunde rufen mich auch nicht nachts um 3 an, um mir sowas zu erzählen. Aber mal andersrum betrachtet: Du suchst doch anscheinend Männer, mit denen Du angenehme Stunden verbringst, um es mal so zu umschreiben. Verwundert es Dich da so sehr, wenn diese Männer dann in Dir nicht mehr sehen mögen als die Dame für angenehme Stunden? :-)

    Ich für meinen Teil habe kein Talent für das nötige Theater und arbeite deswegen an der Beziehung zu meinen Musikinstrumenten. Frauen hab ich aufgegeben.

  19. Chnuebli@Brazil sagt:

    @DrNI: Du bist neu hier drum hier zum mitschreiben: Das ist ein OneNightStand-freier Blog. Beiträge voller Liebeskummer sind unter dem Tag „Männer“ zu finden. Ich will nur Spass-Beiträge sind hier inexistent.

  20. Matthias sagt:

    Chnuebli, warum reicht es nicht, wenn er witzig ist, ganz nett aussieht und Dich mag?
    Kunst und Kultur, sowie Wellnesswochenenden und Shoppingtouren etc. kann man mit einer Freundin doch viel besser geniessen, oder?

    Kann es sein, daß Du auf die hübschen Machos stehst?

    Wenn einen Typen ein paar Schönheitsfehler stören, und er deshalb Deine enorme Attraktivität übersieht, dann ist er nicht zu beneiden.

  21. Primo sagt:

    oje oje :o(

  22. Thomas sagt:

    Kennt mann auch.

    http://deinlieblingsmensch.blogspot.com/2010/04/adoleszenz-nightmare-teil-ii.html

  23. Christian Leu sagt:

    Liebs Chnübli. Solange du dich als Opfer in allem möglichen siehst und du dich andauernd über deinen schlechtbezahlten Job im Dienste der Tiere beklagst wird das nix. Du solltest dir mal bewusst werden dass niemand anders wie du diesen Weg gewählt hat, und niemand anders wie du diesen Weg bestimmen kann. Also nimm es in die Hand und mach das was du wirklich tun willst. Sorry.

  24. Chnuebli@Brazil sagt:

    @Matthias: Aber dann brauch ich ja gar keinen Partner, wenn alles, was ich gerne mache, ich auch weiterhin mit Freunden tue. Demzufolge fallen Machos auch aus dem Raster.
    @Primo: Maengisch bruchts es.
    @Christian Leu: Lieber Leu. Du musst Dich doch nicht entschuldigen, dass ich manchmal auch einen schlechten Tag habe, traurig bin und dass 1% Richtigstellen des wahren Gehalts eines Tierarztes gegenueber Leuten, die mich taeglich anmotzen, wie teuer ein Tierarztbesuch sei gegenueber 99% spannenden Stunden im Berufsleben stehen? Und das mit dem bewusst werden, das hatten wir schon mal, damals nach Deiner Trennung? Und ich fand damals schon, dass man nichts richtig planen kann im Leben. Es kommt immer anders, als man eigentlich denkt. Das sagt Dir jemand, der vor 10 Jahren noch Geografielehrerin werden wollten und dachte, sie haette mit 34 zwei Kinder und ein Pferd.

  25. P-68_ sagt:

    Liebe Chnübli

    Ich wäre vermutlich einverstanden mit der Analyse, dass Männer auf Dating-Sites überflächlich und dumm sind (kann es ja als Mann nur indirekt aus Erzählungen beurteilen).

    Doch wer sagt, dass Frauen anders sind? (Zugegeben: Du nicht – aber wenn ich das anerkenne, fehlt mir ein Grund, Dir endlich mal zu antworten, wovon mich seit Jahren Deine Herden von devoten Fans abhielten, mit denen ich mich irgendwie nicht gemein machen wollte. Sorry dafür, das kannst Du gleich wieder unter «Männer sind eigen» verbuchen, und ich würde auch dort nicht widersprechen.)

    Zum Thema: «Er schrieb beinahe ohne Rechtschreibfehler». Diese Eigenschaft ist bei beiden Geschlechtern rar gesät. Es ist fast zehn Jahre her, da war ich mal eine Weile aktiv beim eigentlich schon aufgrund der Bedienung völlig indiskutablen FriendScout24. Man musste einen kurzen Steckbrief ausfüllen, und ich konnte mich enorm aufregen, dass scheinbar alle Frauen als Eigenschaft «Spontanität» angaben – was man, wie jede/r seit der achten Klasse wissen sollte, weil es eine bekannte Diktat-Falle war, «Spontaneität» schreibt.

    Ich vollendete also in meinem eigenen Fragebogen das Feld «Ich suche eine Frau, die…» mit dem Text «…weiss, wie das Substantiv zu ’spontan‘ lautet».

    Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich so viele spontane Zuschriften auf irgendeine Steckbriefzeile bekommen. Leider lauteten mindestens 90% «Spontanität», womit die Frauen offenbar dachten, sie hätten schon eine Leistung vollbracht, indem sie wussten, dass es nicht «Spontanheit» heisst. Ich war schockiert, wie immer, wenn Leute nicht nur dumm sind, was man ja niemandem übel nimmt, sondern sich dabei auch noch für schlau halten.

    Übel in die Parade fuhr mir allerdings kurze Zeit später die Rechtschreibreform, denn sie erlaubte «Spontanität» als Nebenform. Und mit der Reform kamen andere Tücken dazu: Die Schreibweise eines Nicht-Angestellten änderte sich bekanntlich vom anderen beliebten Diktatwort «selbständig» in «selbstständig». Natürlich änderte ich im Profil mit, man geht ja mit der Zeit. Prompt bekam ich regelmässig latent aggressive Mails wie: «Wenn man schon selbständig ist, sollte man wenigstens wissen, wie man das schreibt.» Ah ja.

    Ich wich aus auf «Unternehmer». Aber auch das war kein Spass, denn nun fand ich den Grund für die latente Aggression heraus. Ich wurde plötzlich angepampt: «Schreib gefälligst, was Du wirklich bist, hier behaupten ja alle, sie seien Unternehmer oder Arzt.» Ich hatte Unternehmer nie als Auszeichnung empfunden, zumal es Jahre gab, in denen ich lausiger verdiente als jede Putzhilfe. Wieder was gelernt, nur was macht der echte Unternehmer?

    Vermutlich weicht er heute zu Parship und ElitePartner aus, den Premium-Flaggschiffen der Besserverdienenendenverkupplung. Bei denen sind die Profile so kurz (und redigiert), dass man Orthografie und Grammatik kaum beurteilen kann, aber auch in den kurzen Beschreibungen werden Platitüden abgesondert, was das Zeug hält.

    Dazu passt übrigens ein Profil, das ich am Wochenende per Newsletter erhielt (man will mich mit unzähligen Verlockungen heiratswilliger und bestens «matchender» Damen an die Kasse bringen), bei dem ich natürlich zwangsweise an Dich dachte:

    Tierärztin, 34 Jahre
    Matchingpunkte: 85
    Über ihr Äußeres: dazu möchte ich nichts sagen
    Das Besondere an mir ist, dass … ich nach Überwinden meines eigenen Misstrauens offen für fast alles und jeden bin :-)
    Alter: 34
    Größe: 176 cm
    Region: Niedersachsen

    Natürlich bist Du nicht in Niedersachsen, aber Du könntest es schon wegen des Smilies nicht sein, hoffe ich. Und natürlich, weil «Über ihr Äusseres möchte ich nichts sagen» natürlich im besten Watzlawick’schen Sinne heisst, dass sie sehr viel über ihr Äusseres sagt.

    Apropos: «Er hatte», schreibst Du, «wie viele, den Usernamen mit seinem Geburtsjahr ergänzt.» Subtil, subtil, ich hoffe, dass Du eigentlich auch zu Recht der Meinung bist, dass schon das ein Ausschlusskriterium sein müsste. Siehe dazu die ebenfalls neun Jahre alte, aber immer noch aktuelle Liste von Passig/Strübel «Wie unser Internet schöner wird», Punkt 41: «Ich will mir eine vernünftige E-Mail-Adresse zulegen, die sich nicht lediglich durch eine Zahl oder einen Unterstrich von tausend anderen unterscheidet.» http://www.kulturindustrie.com/struebelundpassig/2001_01_11.html

    Zurück zu ElitePartner: Dort habe ich kürzlich nur aus beruflichem Interesse (ich schwöre!) ein Testprofil angelegt, um den Psychotest-Mechanismus anzuschauen, bei dem ich auf ALLE der Dutzenden von Fragen geantwortet habe mit: «Trifft eher nicht zu», also das zweite von rechts. Dass es nun Frauen gibt, die sehr viele «Matchingpunkte» (was auch immer 85 Punkte bedeuten) mit einem solchen Totalverweigerer ergeben, ist entweder deprimierend, oder es heisst, dass der Algorithmus eh ein potemkinsches Dorf ist.

    So könnte man noch stundenlang schwadronieren über die Online-Partnergewinnung und -Vermeidung. Ich wollte immer schon etwas dazu machen und beide Seiten anonym zu Wort kommen lassen. Eine Anekdote würde ich selbst beisteuern:

    Ich hatte mal ersten Online-Kontakt aufgenommen mit einer Dame, die übrigens auch in der Region Basel wohnte. Wir waren beim Wunsch angekommen, uns mal zu treffen. Die Geschichte war so angelegt… nun ja, sagen wir es so, anders als bei Parship stand nicht unbedingt der Heiratswunsch direkt im Vordergrund dieses potenziellen Treffens, sondern eher der hedonistische Austausch. Es war aber noch nichts konkretisiert.

    Sehr kurze Zeit später wurde ich von einer anderen Frau, angeblich aus Zürich, angesprochen, die direkt zur Sache kam und nach verdächtig wenig Geplänkel ein Treffen für denselben Abend vorschlug. Ich habe inzwischen einen recht guten Riecher, wenn etwas nicht stimmt – man muss nur nach der *immer* zutreffenden Redensart «If something sounds too good to be true, it probably is…» gehen. Als Treffpunkt schlug sie den Bürkliplatz vor; spätestens da war klar, dass sie keine Zürcherin war, denn kein normaler Mensch würde abends dort im Niemandsland am See abmachen. Ich schlug zum Schein ein, um zu sehen, wie die Dinge liefen. Sie loggte aus, und natürlich, wenige Minuten später kehrte sie als ihr Alter Ego zurück und machte mir wüste Vorhaltungen, ich würde ja wohl mit jeder… etc. Was soll man da sagen?

    Copy/paste, um zum Thema zurückzukommen, habe ich bei Anbahnungen nie gemacht, da langweile ich mich über mich selbst zu Tode. Wie David Bauer richtig schreibt (http://www.kurzbefehl.ch/soll-ich-die-grosse-liebe-im-netz-suchen): «Nur eines muss man in Kauf nehmen: dass man gnadenlos verkuppelt wird. (…) Die Magie der zufälligen Begegnung, bei der zwei Menschen von sich aus spüren, dass das etwas werden könnte, sie wird eliminiert.» Diese in der Tat sehr unromantische Basis des Online-Datings habe ich jeweils versucht zu durchbrechen, indem ich mich treiben liess und keineswegs systematisch Profile durchforstete und anschrieb. (Meist, ich gebe es zu, fehlte mir sowieso am nächsten Tag die Lust zum Follow-up.) So habe ich zum Beispiel einige wenige Abende lang bei dem ebenfalls funktional abscheulichen «Partnerwinner» nur Frauen angeschrieben, die gerade online waren. Damit erreicht man die Zufallsauswahl, die man in romantischer Verklärung mit dem Besuch eines bestimmten Orts zu einer bestimmten Zeit vergleichen könnte, und so kommt auf dem Umweg der geheime Wunschfaktor «Schicksal» doch wieder zum Zuge. Oder auch nicht, aber schönreden ist in allen Partnerschaftsdingen ja die halbe Miete.

    Allerdings besteht die Gefahr, dass man lange Elogen schreibt, die Perlen vor die Säue geworfen sind. Aber Hauptsache authentisch. Daher: Wüsste ich, wie Du heisst bei einem dieser Dienste, würde ich Dir eine von Grund auf individuelle Nachricht schicken, um zu versuchen, Dich etwas mit der Online-Männerwelt zu versöhnen. Zunächst muss ich allerdings hoffen, dass nicht auffällt, dass ich diese Passage ergoogelt habe.

    Ich hoffe, Du hast gerade keine Gummihandschuhe an – oder schlimmeres – das Dich von der Bedienung des iPhones abhält, und verbleibe herzlichst
    P-68_

  26. ChliiTierChnübler sagt:

    Lieber @P-68_:
    :) ^12

    Leider trage ich in der Tat zur Zeit fast pausenlos OP-Handschuhe und kann vorerst nur kurz antworten, nur etwas wollte ich loswerden: Ich kann mich nicht erinnern, wann mich ein – leider inkognito – Blogkommentar das letzte Mal dermassen zum Schmunzeln brachte. Applaus. 
    Gebührende Antwort folgt gewiss.

  27. P-68_ sagt:

    Vielen Dank für den Applaus, der mich natürlich in die Lage versetzt, geduldig auf das Ende der Operationen zu warten. Möge es des Ende eines nicht allzu einschläfernden Tags sein, an dem Du mir antwortest.

  28. Chnuebli@Klinik sagt:

    Beginnen wir mal damit, dass ich jegliche negative Äusserung über die besten Leser der Welt, nämlich die dieses Blogs, wie eine Glugge als persönlicher Beleidigung wahrnehme!

    Nun aber zu meiner Antwort – wenn sie denn überhaupt noch interessiert:
    Meine Erfahrungen im Datingseiten-Bereich sind gemessen an den Ihren lieber Herr P-68 als minimal zu bezeichnen. Geradzu rudimentär – ja, nicht vorhanden.

    Interessanterweise sind Profilbeschriebe von Romands im Gegensatz zu uns Deutschschweizern einiges „interessanter“ – ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Gibt man nämlich als gesprochene Sprache auch Französisch an, dann hagelt es Profile aus dem Welschland. Vielleicht empfand ich diese auch nur als besser, weil mich meine Sprachkenntnisse limitieren.

    Bei bezahlten Diensten habe ich genau „0“ Erfahrung. Gerade dieses „Elite“-Institut, dass Sie ansprechen, ist mir höchst suspekt. Warum sollte man sich für einen Mann interessieren, der die Klassengesellschaft sogar auf Flirtebene lebt?

    Die von Ihnen angesprochene Tierärztin bin ich übrigens nicht. Schon nur weil ich mich gewöhnlich nicht jünger mache als ich bin, und in diesem Fall schon gar nicht älter. Smilies setze ich nur in Blogkommentaren, Chats und SMSen, niemals in einem Beschreibungstext und schon gar nicht mit Nase. Ausserdem könnte ich stundenlang über mein Äusseres sprechen, ist das doch in einer Frauenrunde immer ein Thema, und welche Frau das verneint, hat entweder keine Freundinnen, keine Gewichtsprobleme oder verheimlicht Esssstörungen.

    Ihre Ausführungen sind also keineswegs vor die Sau geworfen worden, ich habe es mit Vergnügen verfolgt, auch wenn ich nur bedingt darauf Antworten will. Aber das wollten Sie eigentlich auch gar nicht, oder täusche ich mich nun in Ihnen?

  29. axsnoxboarder sagt:

    @Peter-68
    Wow, echt toll geschrieben….wow.

    WOW!

  30. P-68_ sagt:

    Du bist Spam, axsnoxboarder, oder?

    Aber schöne Grüsse an Chnübli, ich hoffe, es geht ihr gut in der neuen Wohnung, und überhaupt. Wollte mich immer mal wieder melden.

  31. axsnoxboarder sagt:

    Sorry, aber ich streite nicht mehr um die Gunst der Frauen. Jedenfalls nicht übers Web.

  32. ChliiTierChnübler sagt:

    @axsnoxboarder: Schön bist Du noch da, wenn auch genau so selten wie ich.
    @P-68_: Dito :)

  33. axsnoxboarder sagt:

    Hey, ich vermisse Dich doch auch.

    http://www.youtube.com/watch?v=uqXXNZ34jiQ&feature=player_embedded

  34. P-68_ sagt:

    @axsnoxboarder: OK, Du bist kein Spam, sondern echt, und ich danke herzlich für das Kompliment.

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