Archive for the ‘politisch’ Category

Wahlbüro-Anekdoten verboten

Sonntag, Oktober 21st, 2007
Wahlzettel-Beispiel
Anmerkung:
Dies ist ein gestelltes Foto mit meinen Wahlunterlagen VOR dem Wahlsonntag. Es entspricht – bis auf die Streichung unseres Stadtpräsidenten, würde ich denn diese Liste eingelegt haben – nicht meinem später abgegeben Wahlzettel.Dieses Foto entstand nicht im Wahlbüro. Dort herrschte abolutes Handyverbot.

Leider darf ich als vereidigte Wahlhelferin keine Details erzählen. Weder zum exakten Ablauf, noch zum Ergebnis in unserem Kanton, das sehen wir ja bald alle online. Aber es war schon interessant, wie die Anhänger der einzelnen Parteien ihre Listen zusammengestellt haben.

Vom unveränderten Wahlzettel, der für mich viel Vertrauen in die eigene Partei symbolisiert, bis zu kaum nachvollziehbarer Panaschierwut war alles darunter.

Ein paarmal mussten ich und meine Gspänli beim Auszählen wirklich schmunzeln und des öfteren konnten wir die Handschrift kaum entziffern.

Wer im Vorfeld der Wahlen die Namen der einzelnen Kandidaten studiert hat, kann sich gut vorstellen, welche Listen wir bevorzugt nicht kontrollieren wollten. Doppelnamen und exotische Namen sind halt nicht so flüssig zu lesen wie Schweizer Allerweltsnamen. Jeder Namen und die dazugehörige Nummer wird kontrolliert. Jede Liste wird auf Anzahl Personenstimmen und leere Listenstimmen für die angegebene Partei durchgezählt.

Vielleicht eine konkretere Anmerkung sei mir erlaubt, nur um die Zahl der korrekt ausgefüllten Zettel für eine spätere Wahl zu erhöhen: Wenn auf einer leeren Liste Personen von verschiedenen Parteilisten panaschiert werden, hat man zum Schluss die Möglichkeit, diese eigene Liste einer Partei zuzuordnen mit der entsprechenden Parteinummer oder Partei-unabhängig leer zu lassen. Es ist NICHT korrekt, in dieses Feld ALLE Nummern der panaschierten Parteien hintereinander aufzuschreiben. Es wird als „keiner Partei zugehörig“ gezählt und verbleibende leere Zeilen werden nicht als Parteistimmen gewertet.

Eine persönliche Anekdote am Schluss – die das Wahlgeheimnis nicht verletzt – ist, dass die Zwischenverpflegung von einem ehemaligen Sommerflirt zubereitet wurde. So sieht man sich wieder.

Wahlen 2007

Sonntag, Oktober 14th, 2007
Wahlen 2007


Heute in einer Woche entscheidet sich, wessen Wahlkampf am erfolgreichsten war. Meinen sie zumindest, die Parteien. Denn der Mehrheit der wahlb
erechtigten Bevölkerung geht es genau wie mir und schaut kopfschüttelnd auf den Berg Wahlprospekte vor sich auf dem Tisch und traut der Ehrlichkeit der vor sich hin lächelnden Hochglanz-Fotis sowieso schon lange nicht mehr.
Rechts (SVP) und Links (SP) machen vor, was sie alles von den Amerikanern abgeguckt haben und produzieren ein schlechtes Wahlkampf-Remake-Light. Die Mitte beschliesst zunächst, sich aus dem Gezanke rauszuhalten und keine Position zu beziehen, nicht einmal zu sich selber. Zumindest könnten sich diese beiden bürgerlichen Parteien zusammenraufen, so hätten wir endlich eine starke Mitte, aber wie soll das gehen, wenn schon die beiden Parteipräsidenten Pelli (FDP) und Darbellay (CVP) keinen Hehl daraus machen, dass sie sich nicht unbedingt sympathisch sind. Immerhin kritiseren beide Mitteparteien nun den Wahlkampf der Rechten und die Reaktionen der Linken.

Trotzdem liegen meine Wahlzettel immer noch unangetastet vor mir. Die Entscheidung Parteilisten einzulegen und auf eine Köpfewahl zu verzichten wird mir relativ schnell klar. Wenn man Gesamtschweizerisch etwas verändern will, sollte die Partei, deren Ziele den eigenen Vorstellungen entsprechen, unterstützt werden. Ausserdem sind Parteiziele leichter zu eruieren als diejenigen der einzelnen zu wählenden Personen, die mich immer noch, ohne Muskelkater zu kriegen, anlächeln und mir langsam aber sicher meine Frühstücksmilch ansäuern.

Eine weitere Überlegung ist auch die Zusammensetzung unserer Exekutive wert. Seit 2003 die Zauberformel von rechts gesprengt wurde, möchte man möglichst den zweiten SVP-Sitz im Bundesrat und den damit verbundenenen Politiker so schnell wie möglich los werden. Dies gelingt, wird ein hoher Wahlsieg der Partei erzielt, die damals ihren Sitz räumen musste. Ob die Christlichdemokraten das schaffen werden, bezweifle ich noch, obwohl die CVP-Bundesrätin Doris Leuthard viel für den Aufschwung ihrer Partei beiträgt.
Als Alternative bieten sich Grün an. Diese gibt es nun auch liberal und beweisen mir einmal mehr, dass „liberal“ als Allerweltswort im Wahlkampf seine wahre Bedeutung längst verloren hat. Sind aber die Leute unzufrieden, wählen sie vermehrt Grün. Wäre es nicht eine befriedigende Vorstellung, wenn der zweite SVP-Sitz wegen eines Grünen Wahlsiegs geräumt werden müsste? Doch davon sind wir weit entfernt, wenn man dem neusten Wahlbarometer glauben will, welches die SVP als dominante Nationalratspartei anführt und somit auch die Sitze im Bundesrat halten wird.
Wahrscheinlich ist auch, dass die Mitteparteien noch mehr Stimmen verlieren, Rechts und Links gleich stark bleiben und unsere Politik langsam zur Oppositionspolitik verkommt, die schlussendlich der Schweiz mehr schaden denn nützen wird. Und ein Sequel dieses Wahlkampfes ist dann leider vorhersehbar.

So wird bei mir heute höchstens kummuliert, sicher aber nicht panaschiert. Ich entscheide mich für eine Partei und lege deren Liste ein.

Wer noch Entscheidungshilfe braucht, kann sich hier durchklicken. Interessante politische Wortmeldungen findet ihr bei diversen Bloggern, wobei sich dieses Blog mit dem wunderbar zur Wahlkampfsernüchterung passenden Titel „Henusode“ deutlich hervorhebt.
Klare Position bezieht dieser Blogger, was ihn aber nicht weniger lesenswert macht.

Eines ist jedenfalls sicher: es wird gewählt. Denn, und damit stimme ich den Roten zu, wer nicht wählt, wählt Rechts. Denn wie blind deren Wähler auch sein mögen, eines können sie, Wahlzettel korrekt einlegen.

 

(Film von Susanne Hofer für Agent-Provocateur)

Free Burma …

Donnerstag, Oktober 4th, 2007

Free Burma …, originally uploaded by Berta….

Links-Abbieger leben gefährlicher

Montag, September 3rd, 2007

Wir haben schon in der Schule gelernt, dass man beim links Abbiegen (mit dem Fahrrad natürlich) zuerst nach hinten schauen muss, um nicht überfahren zu werden. Ausserdem ist eine klare Zeichengebung wichtig. Wer es sich einfach machen will, bleibt rechts. Dank etwas Übung und gutem Reaktionsvermögen, bin ich aber immer ohne Probleme auf der linken Strassenseite gelandet.
Dass auch Übungsvorschläge für’s Rechtsfahren gegeben werden, hat der Monsieur Fischer wunderbar aufgelistet.

 

Willkommen in der Schweiz

Mittwoch, August 1st, 2007


Willkommen in der Schweiz

Willkommen in der Schweiz. Ein Land, in dem Milch und Honig fliessen.

Ein Land, in dem Sozialhilfeempfänger teure Autos leasen können, dank unszureichendem Datentransfer zwischen den Ämtern. Gleichzeitig aber kinderreiche Familien zunehmend als „Working Poor“ in tiefere soziale Schichten rutschen. Ein Land, in dem Familienpolitik auf Kantonsebene bestimmt wird und es 15 Jahre dauerte, bis Ende 2006 endlich bundesweit eine gesetzliche Anpassung der Kinderzulagen angenommen wurde. Bisher zahlte das CVP-geprägte Wallis fast doppelt so viel Kinderzulagen aus wie Zürich, obwohl dessen dominierende Partei – die SVP – mit „Schweizer Qualität“ wirbt. Ein Land, in dem „Qualitätsproduktion“ mit Trauschein zusätzlich durch höhere direkte Bundessteuern erschwert wird.

Willkommen in der Schweiz. Ein einig Volk von Brüdern.

Ein Land, dessen Frauen erst seit dem 7. Februar 1971 ein Stimmrecht besitzen und es aber noch 20 Jahre dauern sollte bis auch der letzte der 26 Kantone – Appenzell-Innerrhoden – das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebende einführte.
Ein Land, mit 4 Landessprachen, dessen Vierte, das Rätoromanische, nur 0.5% der Schweizer Bevölkerung sprechen und dennoch jährlich mit Millionen an staatlichen Subventionen künstlich am Leben gehalten wird.
Im Gymnasium mussten wir uns zwischen Englisch und Italienisch entscheiden, Französisch war Pflicht und Rätoromanisch gab es nicht einmal im Freifach, dafür aber Russisch. Unfreundliche Französischlehrerinnen und der berühmte „Röstigraben“ trennen die Romands von den Deutschschweizern bis heute, was in den eidgenössischen Abstimmungen immer wieder deutlich zum Ausdruck kommt.
Den Rest der Deutschschweiz eint nur die Abneigung gegen den Sprachnachbarn Deutschland. Zürcher und Basler sind sich auch ausserhalb des Fussballplatzes spinnefeind und womit identifizieren sich eigentlich Aargauer?

Willkommen in der Schweiz. Das Land der Schokolade und des Emmentalers

Ein Land, dessen berühmtestes Produkt immer wieder negative Schlagzeilen macht. Trotzdem stieg der Umsatz um rund 7% auf 1.52 Mrd. Schweizer Franken. Kaum jemand macht sich Gedanken darüber und kauft fröhlich weiter Schokohäsli zu Ostern und Frigor-Schöggeli für die Verwandtschaft.
Ein reines Gewissen für das andere kulinarische Nationalgut, den Käse, schaffen wir Schweizer uns immerhin mit der längst überfälligen Revision des Tierschutzgesetzes.
In der Schweiz leben 1’588’000 Rindviehcher (Stand 2001). Rund die Hälfte davon geben im Schnitt 3’870’000 Tonnen Milch pro Jahr, was einer Milchleistung von abgerundet 5 Tonnen pro Milchkuh und Jahr entspricht. 42 Prozent werden zu Käse weiterverarbeitet. Um im europäischen Markt bestehen zu können, müsste sich der Kilopreis der Milch beinahe um die Hälfte senken. Um den Schweizerkäse im Ausland trotzdem konkurrenzfähig anbieten zu können, subventioniert der Staat jedes exportierte Kilo Käse mit durchschnittlich 5 Franken. Mit einer Milchpreissenkung würden ein Drittel der Milch-produzierenden landwirtschaftlichen Betriebe verschwinden, eine Entwicklung, der ich nicht nur als Tierarzt mit gespaltenen Gefühlen gegenüberstehe.

Es bleibt nicht nur zu hoffen, dass Übersubventionen an richtiger Stelle gekürzt werden, halbtote Sprachen richtig eingeschätzt und Abzocker im Sozialwesen entlarvt werden, sondern dass wir Schweizer erkennen, dass die Welt auch jenseits des Tellerrands weitergeht.

Willkommen in der Schweiz. Hier lebe ich, hier bleibe ich. Wie wählst Du?